Einleitung
Es ist schon sehr eigenartig – da gibt es Palmen mit Christbaumkugeln, leuchtende Rentiere im Park auf grünen Wiesen und Coca Cola LKWs, welche die fröhliche Botschaft „Celebra con el corazon“ verkündigen. Zumindest für uns „extranjeros“ ist es unter solchen Gegebenheiten sehr schwer, die gewohnte traditionell österreichische Weihnachtsstimmung in uns zu entdecken. Minusgrade fehlen, ein heißer Glühwein oder Punsch und natürlich ein Weihnachtsmarkt.Aber so schlimm ist es dann doch wieder nicht. Mit selbstgemachten Keksen, Milka Adventskalendern und zahlreichen weiteren Köstlichkeiten – übrigens extra für uns eingeflogen aus Tirol, Oberösterreich und Kärnten – lässt sich auch dieser (un)christliche Advent genießen. Das Schöne daran: Heute Abend haben wir all unsere bolivianischen Freunde zu einer kleinen Weihnachtsfeier eingeladen. Neben all diesen Weihnachtssüßigkeiten gibt es noch unser (mittlerweile auch bei Bolivianern sehr beliebtes) „pan de Austria“ und sofern Zeit bleibt, selbstgemachten Glühwein. Als die Wörter „Schokolade“ und „Kekse“ fielen, war ihre Begeisterung schon mal sehr groß – wir rechnen also mit großem Besucherandrang ;-)Achja: Unsere Geschenke – ebenso vom österreichischen Christkind geliefert – warten auch schon sehnsüchtig darauf, ausgepackt zu werden. Ein wenig müssen wir aber noch ausharren.
Doch abgesehen vom Advent, was gibt es sonst so Neues?
Kapitel 1 – nuestro trabajo
CONA Solartrockner – Unsere ersten (verrückten) VersucheSeit rund einem Monat befinden sich die ersten drei solaren Trockner des Welser Unternehmens CONA in Bolivien. Zwei davon werden auch schon fleißig genutzt. Einer davon in La Paz bei der Organisation CIPCA (für welche im letzten Jahr übrigens fleißigst im Rahmen der 3-Königs-Aktion gesammelt wurde) und eine kleinere Version vor unserem Büro.
Damit wir potentiellen Kunden den „secadora“ aber auch überzeugend präsentieren können, sammelten wir bereits erste Erfahrungen. Mit 80 Bananen, 20 Äpfel, mehr als 30 Ananas sowie Mangos, Papayas und Orangen haben wir unsere ersten Trocknungsversuche gestartet. Ja, wir gingen sogar schon einen Schritt weiter und versuchten unser Glück bei der bolivianischen Spezialität „Charque“ – getrocknetes Lama- oder Schaffleisch. Dafür verwandelten wir unser Büro mal schnell in eine kleine Metzgerei. Es gibt also nicht viel, was in Bolivien NICHT möglich ist.
Tag der offenen Tür – Plakatgestaltung und Live-Kochshow
Gemeinsam mit unserem Partnerunternehmen SENTEC veranstalteten wir am 27.11. einen sogenannten „Día de puertas abiertas“. Um möglichst viele Besucher anzulocken, fokussierten wir uns auf 2 Werbemedien: SENTEC warb mit Spots im Radio und der CSO (bzw. Jakob S) übernahm die Gestaltung der Plakate und Einladungen.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Interessenten aus diversen Bereichen waren vor Ort: Vertreter lokaler Unternehmen, Beamte versch. Regierungsabteilungen sowie natürlich Privatpersonen bzw. Passanten.Highlights des Tages waren definitiv der neue „secadora“ und unsere Live-Kochshow mit dem Solarkocher, schließlich gab es Milchreis mit Zimt und Zucker! Wer weiß, vielleicht können wir auch Andi und Alex mit unserem Kocher überzeugen, zumindest für zukünftige Sendungen…
Solare Wasserpumpen – „ein gefährliches Omen“
Im pueblo „Carbuyo“ installierten wir zuletzt eine PV-Anlage mit einer Leistung von 800Wp. Diese dient zur Stromversorgung einer Wasserpumpe, welche nun täglich* 25-28m3 Grundwasser in ein Reservoir auf einem kleinen Hügel pumpt. Das Wasser wird anschließend zur Bewässerung für die Landwirtschaft oder das Dorf an sich (welches keinen Zugang zu staatlichen Wasserleitungen hat) verwendet.
Die Konstruktion misst stolze 4m an Höhe – zum Schutz gegen „ladrones“. Leider gibt es keine Bilder vom Hochheben der Panele auf die Stützen. Aber hätte nur eine einzige Person weniger angepackt, so wäre der CSO mit Sicherheit um tausende Euro ärmer. En realidad: In Österreich wäre so eine Montage ohne Kran oder Gerüst unvorstellbar.
Solare Wasserpumpen (in ESP übrigens „bombas solares“) sind derzeit heiß begehrt. Es handelt sich also nicht um unser einziges Projekt dieser Art. Aktuell sind wir damit beschäftigt, 7 weitere Konstruktionen für andere Standorte zu bauen – bis ganz in den Norden, nahe der peruanischen Grenze.
*In Bolivien gibt es ~320 Sonnentage im Jahr, daher ist das Potential dieser Installation enorm.
Kleidung aus Alpaka-, Lama- und Schafwolle – Corporate Design (Jakob S)Nebenbei wurde ich im November von einem österreichischen Kollegen (Lukas Seitner – tätig bei MUSOL) für ein Projekt von MUSOL und INTERSOL um Hilfe gebeten. Im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit kam ich ins Spiel: Logo, Plakate, Flyer, Anhängerkärtchen, Webseite.Alle Infos zu dieser tollen Kooperation findet Ihr auf alpaka.intersol.at!
Kapitel 2 – el tiempo libre
Genug von der Arbeit. Auch wenn wir hi und da 60 oder gar 70 Stundenwochen leisten, so bleibt uns ausreichend Zeit für andere Aktivitäten. Ich möchte Euch jetzt nicht mit unseren gelegentlichen Tennispartien langweilen, viel mehr würde ich gern auf die folgenden Themen eingehen.
Vorbereitung auf den Karneval
Seit mehr als einem Monat sind wir mehrmals die Woche fleißig am Proben für den weltweit zweitgrößten Karneval hier in Oruro. Unsere Tanzgruppe umfasst 50 Mitglieder aus diversen Altersklassen (15-40) und wir proben für den modernen aber dennoch traditionellen „baile“ TINKUS. Insgesamt erwarten uns 6 verschiedene „pasos“, wovon wir bei 3 schon nahezu elegant aussehen. Neben der ein oder anderen Tanzstunde fehlt uns nur noch bolivianische Tracht – der Schneider sollte aber demnächst unsere Maße nehmen, immerhin kann es durchaus sein, dass 1.90m große „extranjeros“ in Sachen Kleidung Sonderanfertigungen benötigen.
Evopolio – Monopolio – Monopoly. Jeder von Euch, der dieses Wortspiel gemeistert hat, kann sich schon ungefähr vorstellen, um was es bei EVOpolio gehen könnte.
Vorweg: Der bolivianische Präsident? Ja richtig, EVO Morales. Könnte es sich hier also um das Brettspiel Monopoly handeln, welches sich auf Bolivien konzentriert? Ja, könnte es. Tut es sogar, aber auf eine sehr merkwürdige Art und Weise. Man stelle sich das selbe Namensspiel in Österreich vor: Heinz Fischer – Heinzpoly/Heinzpolio (auf ESP). Klingt dann doch ein wenig eigenartig.
„Wie kann man bloß so ein Spiel kaufen?“
Unsere bolivianischen Freunde hielten uns verrückt, als wir sie das erste mal zu einem Brettspielnachmittag (bzw. Evopolio-Nachmittag) eingeladen haben. „Wie kann man bloß so ein Spiel kaufen?“ – die Frage ist leicht zu beantworten: Es kostet umgerechnet gerade mal 10€ und ist bestimmt die BESTE offizielle Propaganda, die ein Präsident machen kann.
2 Lustige Fakten
1. Neben Häusern und den klassischen Spielfiguren gibt es bei EVOPOLIO Steine. Richtig: ein Säckchen mit ECHTEN Steinen. Diese dienen dem Erstellen von „bloqueos“ (=Straßenblockaden). Und das ist gar nicht so abwegig, wie man vielleicht glauben möchte. Gerade erst letzte Woche am Weg nach La Paz mussten wir mitten auf der Autobahn (kurz vor El Alto) den Bus verlassen und zu Fuß weitergehen, da Demonstranten (wieder einmal) mit Ziegeln, Steinen und brennenden Autoreifen die Straße gesperrt haben. Ihre Forderung jedoch schien uns gerechtfertigt: Der Stadtteil hat keinen Zugang zu Wasser.
2. Zieht man die Karte „Narcotraficante“, so kann man sich bereits als Sieger sehen. Man bekommt Geld „ohne Grund“ und auch beim Überqueren des Startfeldes sammelt man gleich ein paar Hundert Bolivianos mehr ein. Achja, „Narcotraficante“ bedeutet übrigens Drogenhändler – jetzt vielleicht verständlicher? 😉
Nachwort
Wer es bis hier her geschafft hat, herzlichen Dank für die uns gewidmete Zeit. Ich hoffe, ich konnte Euch weitere tolle Einblicke in unser Leben hier vor Ort übermitteln.
Als kleines Dankeschön möchte ich Euch, die braven LeserInnen unseres Blogs, noch eine kleine Information mitteilen. Und zwar begeben wir uns diesen Freitag auf eine „Reise innerhalb unserer Reise“. Wo es genau hin geht, das bleibt noch ein Geheimnis.Aber eines ist sicher: Unsere Weihnachtsferien verbringen wir in ganz anderen Teilen Südamerikas. Geplante Rückkehr nach Bolivien: 3. Jänner 2016.
Demnach wünschen wir Euch schon mal ein frohes Fest, gesegnete Feiertage und einen guten Rutsch (übrigens 4 Stunden vor uns) ins neue Jahr!
Manu
Hallo jakob,
wie immer hab ich den bericht aufmerksam gelesen! Respekt für die fleisch-aktion! Kann sehen, dass bolivien dich zu einem spitzen-koch macht – sper – weiter so! 🙂
Wenn es soweit ist, will ich unbedingt ein video von euren tänzen! Ich sende dir gaaaaanz liebe grüße und mal vorab frohe Weihnachten und eine abenteuerliche reisezeit!
Hasta luego! Besito!
Manu
Jakob S
Ja Hallo 😉
Das freut mi! Werd dir dann meine Kochkünste in Ö demonstrieren … Is doch selbstverständlich, dass du das kregst. Danke liebe Manu, dir ebenso die besten Grüße 🙂
Saludos!
Andrea
Liebe Jungs, liebe Manu,
ich schließe mich deiner Meinung an, die Jungs machen das einfach super! Absolut beeindruckend in jedem Bereich!
Euch allen heute Abend eine schöne multikulturelle österreichisch/bolivianische Weihnachtsfeier und eine spannende, interessante Reise in die anderen Länder Südamerikas.
Alles Liebe
Buen Viaje!
Jakob S
Dankeschön, war eine erfolgreiche Fiesta 🙂
Und jetzt geht’s dann bald auf zur Estación de Trenes!
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