Ein Beitrag von Andrea Smretschnig
8 Monate lebt und arbeitet Jakob nun schon in Bolivien. Nun war es an der Zeit ihn endlich zu besuchen. Nach stundenlanger Anreise über München, Madrid, Santa Cruz holte uns (Mama, Papa, Bruder Philipp) unser Jakob, ein nach 8 Monaten in Bolivien, überaus entspannter, gelassen wirkender und gut aussehender Bursche in Cochabamba ab. Jakob genießt sein Leben in Bolivien, hat sich total dem bolivianischen Lebensstil angepasst, lebt und arbeitet, übrigens in perfektem Spanisch (Dank an die tolle Sprachschule in Cochabamba – Runawasi!) mit der einheimischen Bevölkerung völlig integriert.
Jakob hat für die Touris aus Österreich ein beeindruckendes Programm zusammengestellt, welches das ganze Land Bolivien von den höchsten Bergen bis in die tiefsten Täler umfasst:
Die ersten Tage verbrachten wir in Cochabamba auf 2.600 m Seehöhe, lernten die unglaublich sympathischen Gastfamilien der drei Jungs (Jakob S, Jakob N, Christoph) kennen und wurden überall sofort aufs herzlichste eingeladen. Das erstmalige Kennenlernen einer Cancha (bolivianischer Markt) und der Besuch der zweitgrößten Christusstatue der Welt rundeten das Programm ab.
La Paz, welches auf einer Seehöhe zwischen 3.200 und 4.100 Meter liegt, beeindruckte uns durch seine unglaubliche Vielfalt der Stadtteile in unterschiedlichen Seehöhen, dem Auto-Chaos und unablässigem Gehupe auf den Straßen und der großen Anzahl an indigenen Bolivianern (Quechua und Aymara), welche in ihrer ganz speziellen, bunten Tracht das Stadtbild prägen. In La Paz mit 1 Mio Einwohnern und El Alto mit nochmals knapp einer Mio Einwohnern befindet sich der höchstgelegene Regierungssitz der Welt, obwohl die Hauptstadt Boliviens eigentlich Sucre ist. Seit 2014 verbinden mehrere Seilbahnlinien „Teleférico La Paz“ (erbaut von der Vorarlberger Firma Doppelmayr) die einzelnen Stadtteile von La Paz mit der höher gelegenen Stadt El Alto.
Übrigens zur Seehöhe: im Laufe der Zeit gewöhnt man sich an Seehöhen um die 4.000 Meter, „normales“ Gehen ist kein Problem, aber jegliche Anstrengung aufwärts (was in La Paz unumgänglich ist), bzw. Stiegensteigen oder ähnliches wird zu einer wahren Herausforderung, von etwaigen sportlichen Aktivitäten keine Rede!Jakob hat damit nach vielen Monaten in Oruro (auf 4.000 m Seehöhe) kein Problem!
Von La Paz ging es dann an den wunderschönen Titicacasee, welchen sich Bolivien mit Peru teilt. Er ist Südamerikas größter See und liegt auf 3.800 m Seehöhe. Wir wanderten auf der traumhaften Isla del Sol, welche der Legende nach Ausgangspunkt der genialen Inkakultur sein soll. Der Name Titicaca stammt von den Inkas (Titi heißt Puma und Kaca heisst Felsen = Puma-Felsen; auf der Insel gibt es einen Felsen, welcher aussieht wie ein Puma). Wir erwanderten nahezu die gesamte Isla del Sol und übernachteten in einem entzückenden Dorf.
Die Einheimischen und das Essen: die einheimische Bevölkerung ist unglaublich freundlich, sympathisch und hilfsbereit. Wir als „weiße Riesen“ im Vergleich zu den Bolivianern, welche klein, eher stämmig und dunklere Haut und Haare haben, sind in vielen, von Touristen nicht besuchten Landteilen, auffällig. Jakob’s zahlreiche einheimische Bekannte und Freunde haben uns überall ausgesprochen herzlich aufgenommen und eingeladen.
Das ursprüngliche Essen in Bolivien ist geprägt durch das Wachstum der Nahrungsmittel in unglaublichen Höhen. Es gibt köstliche Gerichte aus Mais, Reis, Kartoffeln, Quinoa, Gemüse aller Art, schmackhafte Früchte aus dem Tiefland (Ananas, Papayas, Mangos, Melonen, uvm.) und auch sehr viel Fleisch, vielfach Huhn und Rind. Zum Trinken gibt es ausgezeichneten Wein (aus Tarija – nahe der argentinischen Grenze), sehr gutes Bier (sagen die Jungs) und überall auch Coca-Tee.
Leider muss hierbei erwähnt werden, dass der „amerikanische“ Einfluss unaufhaltsam ist. Kartoffeln gibt es vielfach als „papas fritas“, das Fleisch wird herausgebacken, getrunken wird fast überall Cola und Sprite, dementsprechend hat sich auch die Optik der Bolivianer, speziell im Tiefland Boliviens, verändert.
Von La Paz zur Death Road und auf einen 5000er!
„Wir machen eine Radtour“ hieß es ganz ohne Emotionen. Dass es sich hierbei um „El Camino de la Muerte„ – die Straße des Todes“ handelte, wurde mir erst kurz vor Abfahrt mitgeteilt, um jegliche Ablehnung meinerseits zu vermeiden! 65 km von 4.700 m Seehöhe durch drei Klimazonen auf 1.000 m in die Yungas (Boliviens Amazonasgebiet). Nach anfänglichem sehr zögerlichem Downhill-Fahren wurde ich immer mutiger; die Jungs hatten damit natürlich überhaupt kein Problem und so rasten wir über 3 Stunden downhill Richtung Dschungel. Der furchteinflößende Name der Straße („El Camino de la Muerte“) stammt aus der Zeit vor 2006 (nun gibt es eine neue asphaltierte Parallelroute), als diese Straße die einzige Verbindung zwischen dem Tiefland und La Paz war, welche die Einwohner mit Lebensmitteln aus dem fruchtbaren Talboden versorgte und im Laufe der Jahrzehnte aufgrund der Exponiertheit der Straße hunderte Tote forderte.
Am nächsten Tag ging es dann noch weiter nach oben auf 5400 m Seehöhe – zum Chacaltaya. Da es sich hierbei um das ehemals höchstgelegene Skigebiet der Welt handelt (seit mehreren Jahren kein Skibetrieb mehr), kann man relativ weit hinauffahren und somit einen 5000er ohne größere Anstrengung besteigen, denn hier ist die Luft nun wirklich sehr dünn. Wir setzen Fuß vor Fuß und bleiben nach wenigen Schritten wieder stehen um durchzuatmen. Der Atem geht schnell, das Herz rast…unser sympathischer Guide und natürlich auch Jakob haben keinerlei Probleme in dieser unglaublichen Höhe. Vom Gipfel 5400 m wanderten wir auf die Rückseite des Berges über Grate, weite Almen, und Täler mit beeindruckendem Hochlandpanorama und wurden nach mehreren Stunden von unserem Transportfahrzeug wieder abgeholt. Ein wahrlich tolles Erlebnis in der beeindruckenden Bergwelt Boliviens.
Oruro – hier lebt und arbeitet Jakob.
Seit über einem halben Jahr arbeiten Jakob S., Jakob N. und Christoph im Rahmen ihres Zivildienstes am Projekt „Complejo Solar Oruro“. Im Rahmen des Projektes wird versucht, die Lebensqualität in ländlichen Regionen durch Nutzung von Solarenergie zu verbessern und so Armut aktiv zu bekämpfen. Es werden Solarlampen, Solarkocher, Solarradios, Pumpen usw. produziert, verbreitet und die Bevölkerung entsprechend geschult. Die Jungs sind unglaublich fleißig und werden von den Kollegen in höchsten Tönen gelobt. Es gab bereits einen erfolgreichen Tag der offenen Tür; Öfen, Pumpen etc. wurden in den ländlichen Regionen gebaut, Folder, Plakate designed, Homepage neu gestaltet, Lagerverwaltung eingeführt uvm.Wir wurden im Rahmen unseres Besuches durch alle Räumlichkeiten des CSO und der entsprechenden Partnerorganisationen geführt und uns wurden die Tätigkeiten geschildert. Jhonys Familie offerierte uns außerdem ein köstliches Mittagessen.
Die WG der Jungs:
Jakob und die Jungs leben unter dem „Schutz der Maria“ (Virgen del Socavón – größte Marienstatue der Welt) in einem sehr schönen Stadtviertel in Oruro. Die Wohnung ist ansprechend und freundlich und bietet genügend Platz für drei junge Burschen. Der berühmte Karneval von Oruro ist ein beeindruckendes Festival und wurde bereits von der UNESCO als immaterielles Weltkulturerbe aufgenommen. Hunderttausende Besucher füllen jährlich die Straßen der Stadt Oruro, um die 20.000 Tänzer und 10.000 Musiker zu bejubeln, die in einem 4 km langen Umzug durch die Stadt ziehen. Zahlreiche Tanzgruppen üben monatelang ihre Darbietungen. Die drei Jungs wurden mit Freude in den Bloque der Tinkus Waskas aufgenommen und teilten die Begeisterung durch viele Monate mit den abschließenden Auftritten im Rahmen des Karnevals. Die Tinkus Waskas Gruppe zeigte eigens für uns Besucher aus Österreich einige ihrer Tänze. Auch wir durften ein paar Schritte versuchen!
Mit dem Zug nach Uyuni
Die 7-stündige gemütliche Zugfahrt von Oruro nach Uyuni mit beeindruckenden Ausblicken auf die vorbeiziehende Landschaft war ausgesprochen komfortabel und das Abendessen im Speisewagen ausgezeichnet.
Die Salar de Uyuni ist mit mehr als 10.000 Quadratkilometern die größte Salzwüste der Erde und absolut beeindruckend. Schneeweißes Salz bis zum endlosen Horizont. Die unendliche Weite lässt uns ganz besonders witzige Fotos machen! Unser für einen Tag gebuchte Jeep brachte uns dann noch zu einem wahren Kleinod, der Kakteeninsel Isla Incahuasi mitten in der Salzwüste. Hunderte Kakteen sind zu bewundern und vom Gipfel hat man eine traumhafte Aussicht auf die Salzwüstenlandschaft. Die Nacht verbrachten wir in einem ganz besonderen Hotel, dem Salzhotel de Sal Luna Salada, welches fast vollständig aus Salz gebaut ist.
Weiter nach Sucre, in die weiße Kolonialstadt
8 Stunden dauert die Busfahrt von Uyuni nach Sucre, Distanz: 350 km.Sucre ist eigentlich die Hauptstadt Boliviens, aber ausschließlich der Oberste Gerichtshof befindet sich hier, alle anderen Bereiche der Regierung finden sich in La Paz. Sucre liegt auf rund 2800 m, hat ein sehr angenehmes Klima und gilt mit seinen reichen, gepflegten Plätzen und Parkanlagen als eine der schönsten Städte Südamerikas. Die Altstadt von Sucre mit ihren weißen Gebäuden aus der Zeit der spanischen Kolonialzeit wurde von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt.
25 Minuten Flug nach Santa Cruz – in den heißen Süden Boliviens
Santa Cruz ist die größte Stadt Boliviens (1,5 Mio Einwohner) und gilt als die architektonisch modernste, wirtschaftlich dynamischste und wohlhabendste Stadt des Landes. Santa Cruz hat eine Vielzahl von Universitäten, sowohl private als auch öffentliche.
Ja, nun ist unsere wunderschöne Reise durch das vielfältige Land Bolivien zu Ende. Wir haben viel gesehen, viel erlebt und werden das Land in guter und bleibender Erinnerung behalten.
Noch kurz ein Resumé:
Bolivien ist ein wahrlich wunderbares Land, welches sich jetzt noch abseits von Touristenpfaden unbedingt empfiehlt zu besuchen. Die Landschaft ist beindruckend, von über 6000 Meter hohen Bergen bis in die Täler des Dschungels. Der hohe Anteil der indigenen Bevölkerung prägt das Land und macht es aufgrund der mit Stolz getragenen Trachten farbenfroh.
Leider muss abschließend aber noch erwähnt werden, dass Bolivien bereits jetzt sehr verschmutzt ist. Berge von Müll säumen die Straßen, das Umweltbewusstsein der Bevölkerung scheint absolut nicht vorhanden zu sein. Alles wird in Plastiksäcken verpackt, zur Verfügung gestellt und dann gedankenlos auf den Straßen entsorgt. Dementsprechend problematisch sind auch die hygienischen Bereiche. Es mag vielleicht meine persönliche Meinung sein, aber die öffentlichen Baños sind wahrlich gewöhnungsbedürftig und dass benutztes WC-Papier nicht entsprechend entsorgt werden darf (übrigens auch in allen Hotels aufgrund der zu schmalen Kanalrohre) ist wahrlich nicht jedermanns/fraus Sache.
Andrea Smretschnig, März 2016
Ps: Fotos finden Sie hier: Fotoalbum „Bolivien“ – Facebook Philipp Smretschnig
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